Die Agilität in der Softwareentwicklung hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen und ist zu einem zentralen Konzept in der Branche geworden. Agiles Arbeiten verspricht Flexibilität, Schnelligkeit und Kundenzufriedenheit, bringt jedoch auch einige Herausforderungen mit sich.
Was genau bedeutet eigentlich Agilität?
Agilität in der Softwareentwicklung steht für die Fähigkeit eines Teams oder einer Organisation, sich schnell und effizient an wechselnde Anforderungen anzupassen. Das schließt eine enge Zusammenarbeit mit Kunden, flexible Planung und eine iterative Entwicklung ein. Agilität bedeutet nicht nur die Umsetzung von Methoden wie Scrum oder Kanban, sondern auch eine Veränderung der Denkweise und Kultur innerhalb des Entwicklungsteams. Scrum ist das Vorgehensmodell schlecht hin für Projekt- & Produktmanagement. Ursprünglich war es für die Softwaretechnik konzipiert, wird aber bereits vielfältig eingesetzt, demnach auch in anderen Gebieten. Kanban hingegen ist eine Variante für die Produktionsprozesssteuerung. Das Vorhaben hiermit konzentriert sich auf das Wesentliche: Die tatsächliche Verwendung von Material am Bereitstell- & Verbrauchsort. Konkret gesagt geht es darum, Unsicherheiten und Änderungen als natürlichen Bestandteil des Entwicklungsprozesses zu akzeptieren und darauf proaktiv zu reagieren. Das resultiert wiederum in einer deutlich angenehmeren Entwicklungserfahrung für jederman!
Vorteile der Agilität in der Softwareentwicklung
- Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Agilität ermöglicht es Teams, sich schnell an sich ändernde Anforderungen anzupassen. Dies ist besonders wichtig in einer sich ständig entwickelnden Technologielandschaft, in der Marktanforderungen schnell variieren können.
- Kundenorientierung: Durch regelmäßiges Interagieren mit dem Kunden während des gesamten Entwicklungsprozesses können agile Teams sicherstellen, dass das Endprodukt den Kundenwünschen entspricht. Somit wird man dem Ziel was man sich gesetzt hat in Sachen erhöhter Kundenzufriedenheit ein gutes Stück näher kommen und kann bereits erste Erfolge bei den Projekten verbuchen.
- Schnelle Lieferung von Inkrementen: Agilität ermöglicht die Lieferung von kleinen, funktionsfähigen Inkrementen in kurzen Entwicklungszyklen. Dies führt zu einer schnelleren Markteinführung und erlaubt es, erhaltenes Feedback schneller und effizienter zu integrieren.
- Motivierte Teams: Agile Methoden fördern die Zusammenarbeit und Eigenverantwortung der Teammitglieder, gestützt durch ansteigende Kommunikation. Das führt oft zu höherer Motivation und Produktivität, da die Teammitglieder mehr Einfluss auf ihre zu verrichtende Arbeit haben.
Nachteile der Agilität
- Ungewissheit und Risiken: Durch die schnellen Änderungen in den Anforderungen und den kurzfristigen Planungszyklen kann es zu Unsicherheiten und unter Umständen gewissen Risiken kommen. Dies erfordert ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit seitens des Entwicklungsteams.
- Dokumentation und Prozesse: Agile Ansätze legen weniger Wert auf umfangreiche Dokumentation und formale Prozesse. Dies kann zu Herausforderungen in Bezug auf Nachvollziehbarkeit und Wartbarkeit führen, besonders in größeren Projekten oder in regulierten Umgebungen.
- Kontinuierliche Kommunikation: Agilität erfordert eine ständige und offene Kommunikation innerhalb des Teams und mit dem Kunden. Wenn die Kommunikation nicht optimal funktioniert, können Missverständnisse und Verzögerungen auftreten.
- Schwierigkeiten in größeren Organisationen: Agile Methoden können in großen Unternehmen mit etablierten Prozessen und Hierarchien auf Widerstand stoßen. Die Umstellung erfordert oft eine kulturelle Veränderung und kann Herausforderungen bei der Integration in bestehende Strukturen mit sich bringen.
Praktiken der agilen Softwareentwicklung
Gemeint sind konkrete Vorhaben & Techniken, durch die Veränderungen und neu aufkommende Anforderungen in der Umsetzung ein Kinderspiel sind. Die stetig ansteigende Produktqualität dabei zu wahren hat oberste Priorität. Einige davon hier kurz aufgelistet:
- Backlog: eine Sammlung an noch zu erledigenden Aufgaben. Abhängig von Projektphasen und diversen Ansätzen kann hier flexibel entschieden werden, welche Aufgabe als Nächstes absolviert wird.
- Retroperspektiven: Meetings, in denen bisherige Erfahrungen beim Voranschreiten geteilt werden, ausgeklügelte Maßnahmen zu Verbesserungen konzipiert und weitere Vorgehensweisen an den Tag gelegt werden.
- User-Story: einfach formulierte Erläuterungen von Softwarefunktionen in Perspektive des Endanwenders. Diese werden in sogenannten „Story-Cards“ notiert und anschließend in einer „Story-Map“ gegliedert. Die „Story-Map“ ist als ein in Etappen aufgeteilter Zeitstrahl zu verstehen.

- Pair Programming: ein Vorhaben unter vier Augen zur Reduktion von Fehlern, dass die Aufteilung eines Arbeitsplatzes an zwei Entwickler vorsieht. Dabei programmiert ein Entwickler und der Partner validiert zeitgleich den Code, indem er dem Programmierer über die Schulter schaut.
- Timeboxing: Festgelegte Deadlines, welche vereinzelten Aufgaben ein maximales Zeitbudget zuordnen.
Wasserfallmodell im Vergleich
Ein populäres Entwicklungsmodell in Gegenüberstellung ist das sogenannte „Wasserfallmodell“. Hier wird der Entwicklungsprozess in mehrere Phasen gegliedert. Dabei müssen die einzelnen Prozesse innerhalb einer Phase vollständig abgeschlossen sein, bevor der Beginn einer nächsten Phase erfolgt. Daher ist es erforderlich das der Auftraggeber noch vor Beginn der Entwicklung klare Vorgaben in einem Lastenheft festlegt. Rückschritte sind nur möglich indem man zur unmittelbar vorangehenden Phase zurückkehrt. Das direkte Beteiligen von Anwendern ist lediglich auf die anfängliche Anforderungsanalysephase limitiert. Schon hier können unter Umständen erste Verzögerungen des Projekts auftreten, falls das Lastenheft unklar definierte Anforderungen vorgibt. Das ist insofern schwierig, da der Funktionsumfang zumeist expandiert, denn kaum ein Auftraggeber kann von Grund auf an ein ausgeklügeltes Konzept fehlerfrei ausarbeiten. Die damit einhergehenden Nachverhandlungen zwischen Auftraggeber & -nehmer bedeuten abhängig vom Umfang des Projekts ein möglicherweise beträchtlich ansteigenden Zeit- & Kostenaufwand. Komplexere Entwicklungsverfahren zielen darauf ab, die vorgeschaltete Planungsphase so gering wie möglich zu halten und kommende Anforderungsziele erst im fortlaufenden Prozess zu deklarieren.
Im Vergleich dazu: Agilität
Der Ansatz einer agilen Softwareentwicklung wurde mit dem Ziel entworfen, den bekannten Nachteilen und Einschränkungen phasenbasierter Entwicklungsmodelle den Garaus zu machen. Inzwischen wird sie für zahlreiche Projekte der Softwareindustrie eingesetzt und kann variabel an Anforderungen des Vorhabens diverse Ausprägungen aufweisen. Im Gegenzug zur sequenziell aufeinanderfolgenden Phasen wie beim Wasserfallmodell es der Fall ist, setzt das agile Entwickeln auf parallel laufende und iterativ ausgeführte Prozesssequenzen. So werden äußerst lange Projektlaufzeiten, welche üblicherweise mit den herkömmlichen Entwicklungsmodellen einhergehen, auf ein Minimum reduziert. In erster Linie bedeutet das auch einen zeitgleichen, sich kontinuierlich wiederholenden Ablauf von Entwicklungs- als auch Testphasen innerhalb des Application Lifecycle Managements (kurz ALM). Das schafft die Möglichkeit für kleinere Veröffentlichungen der Anwendung, welche die einzelnen Funktionen mit sich bringen. Dem Kunden wird die Möglichkeit geschaffen während des Entwicklungsprozesses das Projekt in Echtzeit einsehen zu können. Durch die aufkommende Kooperation mit dem Auftraggeber ist es künftig möglich bisher unbekannte Anforderungen zeitnah zu etablieren.
Fundamentale Gegenüberstellung zur klassischen Entwicklung
| Aspekt | Agiles Entwickeln | Herkömmliches Entwickeln |
|---|---|---|
| Anforderungen | grundlegende Anforderungen bekannt | von Grund auf an ausgeweitet & festgelegt |
| Dokumentation | bedarfsgerecht | allumfassend |
| Entwicklungsprozess | regelmäßig ansteigend | gleichbleibend |
| Änderungen | möglich und vorgeplant | schwer umsetzbar |
| Kommunikation | höchtes Gut | kaum relevant |
| Releases | häufig aufkommend, knapp bemessen | große Releases |
| Auslieferung | in Form von Subversionen | aufbereitetes Endprodukt |
Szenarien für den Einsatz der Agilität
Sollten Entwicklerteams noch unerfahren mit der Umsetzung von agilen Vorgehensweisen sein, so sollten bislang verwendete Entwicklungsverfahren Schritt für Schritt abgelöst werden, indem neue Methoden und Praktiken stetig eingeführt und regelmäßig evaluiert werden.
Agile Vorgehensweisen ergeben dann Sinn, wenn…
- Auftraggeber offen für eine aktive Gestaltung des Projekts sind
- Das Konzept unausgereift ist bzw. noch Unterstützung benötigt
- eine schnelle Umsetzung gewünscht wird, oder aber ein sich schnell wandelndes Umfeld vorliegt.
Agiles Vorhaben ist eher kontraproduktiv, falls…
- Auftraggeber Vorgaben festlegen und eine erhöhte Planungssicherheit erfordern
- Das Programm in einer kaum variierenden Umgebung zum Einsatz kommen soll
Grundlegende Prinzipien von Agilität
Agilität zeichnet sich durch bestimmte Prinzipien aus, die die Grundlage für einen erfolgreichen agilen Prozess bilden. Dazu gehören unter anderem:
- Individuen und Interaktionen vor Prozessen und Werkzeugen: Agilität legt Wert auf das Miteinander innerhalb des Teams. Die direkte Interaktion zwischen Teammitgliedern und Kunden steht also im Rampenlicht.
- Funktionierende Software vor umfassender Dokumentation: Der Fokus liegt darauf, ein funktionierendes Endprodukt zu liefern. Während Dokumentation wichtig ist, steht die praktische Umsetzung hierbei ganz klar an erster Stelle.
- Zusammenarbeit mit dem Kundenkreis: Regelmäßige Abstimmung mit dem Kunden ist entscheidend. Agile Teams arbeiten eng mit ihren Kunden zusammen, um sicherzustellen, dass die entwickelten Lösungen den tatsächlichen Bedürfnissen entsprechen.
- Reagieren auf Veränderung vor dem Befolgen eines Plans: Agile Prozesse akzeptieren, dass sich Anforderungen während des Projekts verändern können. Statt starr an einem vordefinierten Plan festzuhalten, wird auf Veränderungen flexibel reagiert. Konkret heißt das bspw. das auch Teams umgestellt bzw. Aufgaben sogar direkt neu koordiniert/zugeordnet werden können.
Die Kombination dieser Prinzipien macht die Agilität zu einem kraftvollen Ansatz in der Softwareentwicklung, ermöglicht schnelle Anpassungen an Marktveränderungen und fördert eine effiziente Zusammenarbeit im Team. Dennoch ist es wichtig, die Vor- und Nachteile abzuwägen und die Agilität entsprechend den spezifischen Anforderungen eines Projekts einzusetzen.
Insgesamt bieten agile Methoden viele Vorteile, aber es ist wichtig zu erkennen, dass sie nicht für jedes Projekt und jede Organisation gleichermaßen geeignet sind. Die richtige Balance zwischen Flexibilität und Struktur muss gefunden werden, um die Vorteile der Agilität in der Softwareentwicklung optimal zu nutzen.